Der Begriff der
naiven Mengenlehre entstand am Anfang des 20. Jahrhunderts als Reaktion auf die Mengenlehre des 19. Jahrhunderts, in der eine ungeregelte oder unbeschränkte Mengenbildung praktiziert wurde. Wegen Widersprüchen, die sich in ihr ergeben, wurde sie später abgelöst durch die
axiomatische Mengenlehre, in der die Mengenbildung über
Axiome geregelt wird. Die naive Mengenlehre bezeichnet daher primär diese frühe Form der ungeregelten Mengenlehre und ist als Kontrastbegriff zur axiomatischen Mengenlehre zu verstehen. Nicht selten wird aber in der mathematischen Literatur nach 1960 auch eine anschauliche Mengenlehre als naiv bezeichnet; daher kann sich unter diesem Namen auch eine unformalisierte axiomatische Mengenlehre verbergen oder eine axiomatische Mengenlehre ohne metalogische Betrachtungen.