Tibetische Herrscherurkunden sind in der
tibetischen Schriftsprache abgefasste
Schriftstücke, mit denen ein
Rechtsgeschäft vollzogen oder bezeugt wird und die im Auftrag eines
Herrschers ausgefertigt wurden. Diese Gruppe von Urkunden beinhaltet die Gewährung und Bestätigung von bestimmten
Vorrechten (
Steuerfreiheit,
Weiderechte, Landbesitz etc.) für Einzelpersonen, Familien, religiöse Einrichtungen (z.B. Klöster) und regionale soziale Gruppen (z. B. Adelsfamilien, Bewohner eines bestimmten Ortes, bestimmte Gruppe von Viehzüchtern) durch den jeweiligen
Herrscher. Sie werden deshalb nach ihrem Urheber als „Tibetische Herrscherurkunden“ (tib.:
bka´ shog,
she bam,
gtan tshig) bezeichnet. Die andere Gruppe von tibetischen Urkunden betrifft
Verträge zwischen Privatpersonen,
sozialen Gruppen (z. B. Einwohner verschiedener Dörfer, Gruppen von Viehzüchtern) und religiösen Einrichtungen (Klöster). Sie werden als „Tibetische Privaturkunden“ (tib.:
gan rgya,
khra ma) bezeichnet. Eine Mittelstellung zwischen diesen beiden Urkundenarten nimmt der Tibetische gerichtliche
Vergleich (tib.:
dpyad mtshams) ein, bei dem sich streitende Parteien unter Vermittlung eines Vertreters des Herrschers (Regierungsangehöriger) auf einen bestimmten Sachverhalt rechtlicher Art einigen und diesen Vergleich in einer Urkunde schriftlich festhalten und durch Untersiegelung bezeugen.