Traditionelle (oder traditionale) Gesellschaft (veraltet
vormoderne Gesellschaft) ist ...
- eine Bezeichnung älterer soziologischer Theorien für eine Gesellschaftsform, die als Vorgängerin der modernen oder modernisierten Gesellschaft gesehen wird. Unter der Annahme, dass sich Gesellschaften weiterentwickeln (soziokulturelle Evolution), bezeichnet traditionelle Gesellschaft das Stadium einer Gesellschaft, bevor oder aus dem sich eine moderne Gesellschaft bildet (siehe auch die Begriffe Moderne und Vormoderne). Entsprechend ließen sich traditionelle Gesellschaften zwar in verschiedenen Aspekten – beispielsweise von modernen Industriegesellschaften – klar unterscheiden, sie wiesen aber überwiegend Gemeinsamkeiten untereinander auf.
- eine Bezeichnung in der jüngeren Literatur, die als Synonym für den abwertenden Begriff Naturvolk verwendet wird. Der Ethnologe Klaus E. Müller liefert dazu folgende Definition:
Kultureller Wandel
Heute wird die traditionelle Gesellschaft nicht mehr als niedrigeres Entwicklungsstadium betrachtet, sondern als eigenständige kulturelle Reaktion auf die jeweiligen Lebensbedingungen. Sobald traditionelle Gesellschaften mit einer
modernisierten Kultur konfrontiert werden, wird ein
Kulturwandel in eine gänzlich neue Richtung angestoßen. Ist der Kontakt dauerhaft und intensiv, kommt es zur
Akkulturation (Anpassungsprozess). Die zumeist enorme kulturelle Distanz zu den
„heißen, fortschrittsgläubigen, zivilisierten“ Gesellschaften, die in den meisten Fällen als ausgesprochen machtvoll und dominant empfunden werden, führt zu einer zunehmenden
Assimilierung hin zur Aufgabe der
Traditionen; auch dann, wenn keine
Unterdrückung oder aggressive
Transkulturation durch die neuen Machthaber stattfindet. Solcherart beschleunigter Wandel erzeugt bei den
„kalten, bewahrenden, wertkonservativen“ Gesellschaften in der Regel einen
traumatischen Kulturschock mit weitreichenden negativen Konsequenzen: